Bei dem Video „Schläfer“ handelt es sich um Aufnahmen, die mit einer Infrarotkamera in einem Schlaflabor aufgezeichnet wurden. Der Bildausschnitt ist auf das Gesichtsfeld beschränkt. Die Gesichtsmuskulatur ist maximal entspannt, mit Ausnahme der Augenmuskulatur. Der Schläfer befindet sich im so genannten REM-Schlaf (REM, engl. Rapid Eye Movement), einer Schlafphase, die vor allem durch schnelle Augenbewegungen gekennzeichnet ist. Erlebnisse der Wachphase werden verarbeitet und das Gehirn von überflüssigen Informationen “gereinigt”. Der Beobachter wird zum Zeugen eines inneren Vorganges, der ihm in seiner ganzen Realität aber verborgen bleibt. Welche inneren Bilder eine bestimmte Augenbewegung hervorrufen, ist nicht beobachtbar. Zugleich ergibt sich eine nahezu voyeuristische Situation, die im Betrachter Gefühle der Scheu, der Spannung und der Neugierde hervorruft. Die Betrachtung eines Menschen im Schlaf ist normalerweise der Intimität privater Räume vorbehalten. Abgesehen von diesem „Clash“ des Öffentlichen mit Privatem, der viele Arbeiten Lüers prägt, verweist der Titel auf eine weitere Deutungsebene, die seit dem 11. September 2001 unauslöschlich dem kollektiven Gedächtnis der westlichen Welt eingeschrieben ist. Der Automatismus, mit dem das Wort „Schläfer“ zugleich mit (noch) inaktiven Terroreinheiten wachruft, spiegelt die Ambivalenz unserer Verknüpfung von medialen und privaten Welten wieder. (Gabi Schaffner)
The video „Sleeper“ features pictures that were taken with an infrared camera in a sleep laboratory. The image section is reduced to the facial area, the facial muscles are in a fully relaxed state, except for the eye muscles. The sleepers are in the so -called REM sleep, a phase of sleep characterized by rapid eye movements. Experiences of the wake phase are processed and the brain is „cleansed“ of superfluous information. The observer becomes a witness of an inner process, the scope of which, however, remains unrevealed. Which inner pictures a certain eye movement may evoke, is not to be detected. At the same time, a nearly voyeuristic situation arises, bestowing on the viewer feelings of shyness, suspense and curiosity. Watching someone in his sleep is normally reserved to the intimacy of private spaces. Aside from this clash between public and private space charactarizing many of Lüer’s works, the title refers to another interpretative level – a construal, which, since 11th September 2001, has permanently inscribed itself into the collective memory of the western world. The automatism, by which the word „sleeper“ at once rouses associations of (yet) inactive terrorist cells, mirrors the ambivalence of how we tend to interlink media and private realms.